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20.01.2024

Autismus, ADHS & Co – Was die Diagnose bei Eltern auslösen kann

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Da ist er nun, der Befundbericht des Kindes. Manchen Eltern kommt er ungebeten ins Haus – kleine Auffälligkeiten bei Vorsorgeuntersuchungen führen zu Überweisungen zu Fachleuten. Andere Eltern haben jahrelang um eine Diagnose gekämpft. Egal wie, der meist unauffällige Brief enthält eine bedeutende Nachricht: eine F-Diagnose. Das Kind hat eine psychische Störung. 

Die Schweizer Psychologin Verena Kast hat ein Modell von vier Trauerphasen entwickelt, das den Trauerprozess beim Verlust eines geliebten Menschen beschreibt. Dieses Modell spiegelt auch sehr gut wider, was viele Eltern nach dem Eingang des Befundbriefes durchmachen.

Ein Schock

Am Anfang befinden sich viele Eltern in einem Schockzustand. In den ersten Tagen können sie noch ziemlich sachlich über den Befund sprechen, das Gefühlschaos ist noch nicht ausgebrochen.

Nicht-wahrhaben-wollen

Diese Phase tritt vor allem bei Eltern auf, die die Diagnostik nicht selbst angestoßen haben. Die Diagnose wird infrage gestellt. Wie können Ärzte so etwas “behaupten”? Das Kind verhält sich zu Hause doch komplett anders als bei den Diagnostik-Terminen.

Aufbrechende Emotionen

Plötzlich bahnen sich starke Gefühle ihren Weg – ein Chaos aus Angst, Traurigkeit, Wut, Leid, aber auch Erleichterung und Hoffnung.

Trauern und Loslassen

Die eigentliche Trauerphase beginnt. Die Eltern machen sich bewusst, dass sie sich von Träumen und Wünschen für sich und ihr Kind verabschieden müssen. Die liebevolle Umarmung des autistischen Sohnes, das gemütliche Entspannen mit der hyperaktiven Tochter, die innige Verbundenheit mit dem von Bindungsstörung geprägten Kind – Vorstellungen, die nicht mehr realistisch sind.

Dieser Prozess kann unglaublich schmerzlich sein. Manchmal wird er verschlimmert durch den Umstand, dass der Partner noch in einer früheren Phase steckt und mit Unverständnis oder sogar Zorn reagiert. Das hinterlässt ein großes Gefühl der Einsamkeit.

Je mehr gefunden wird, das losgelassen werden kann, umso leichter fällt eine Trennung von der Wunschvorstellung. Dabei kann jedoch auch Verzweiflung entstehen, weil Trauer und Einsamkeit übermächtig erscheinen.

Neuer Bezug zur Situation

Hat man alles Verlorene betrauert, kehrt allmählich das innere Gleichgewicht zurück. Es entsteht Raum für Neues. Die Eltern richten den Fokus wieder auf die Vorteile einer Diagnose und suchen nach Lösungen für auftretende Schwierigkeiten.

Die Diagnose wird angenommen – aber auch differenziert. Kein Stück Papier ändert daran, dass das Kind auch nach der Diagnose noch dasselbe ist. Und unzählige Prognosen wurden bereits durch die wunderbaren Entwicklungen der Kinder widerlegt.

Veronique Huebner - 15:38 @ Leben mit neurodivergenten Kindern | Kommentar hinzufügen

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